Vor allem in den Sommermonaten von November bis März boomt die Filmindustrie in Kapstadt. Auch nach der Corona-Krise ist die Mother City ein Dreh-Hotspot für Filmemacher.
Der südafrikanische Sommer bietet ideale Voraussetzungen für Filmprojekte. Fast alle großen Filmstars von Brad Pitt, Nicolas Cage, Angelina Jolie, Tom Cruise oder Leonardo DiCaprio standen hier schon vor der Kamera. „Film ab, am Kap!“, heißt es deshalb im Sommer täglich in Kapstadt. Während der Corona-Krise und dem damit verbundenen Lockdown, herrschte in der quirligen Großstadt Stillstand. Dass sich die Mother-City danach erholen wird, war dem Chef der Western Cape's Promotion Agency „Wesgro“, Tim Harris klar. Kapstadt und das Western Cape werden seiner Meinung nach vom erwarteten Produktionsstau in Hollywood nach der Krise enorm profitieren.
Viele internationale Produktionen seien in den letzten zehn Jahren in Kapstadt gedreht worden, etwa Blockbuster wie „Blood Diamond“ oder „Händler des Todes“ und Serien wie „Homeland“ und „Black Sails“. Zu verdanken sei das nicht zuletzt der Gründung der Kapstädter Filmstudios im Jahr 2010 und deren moderner Ausstattung. Harris gehe davon aus, dass Kapstadt von dem neuen Phänomen „Home Streaming“ profitieren werde und Unternehmen wie Netflix, die daran maßgeblich beteiligt seien, wachsen werden.
Harris gibt sich optimistisch, Kapstadt sei für Filmschaffende weiterhin attraktiv und auf die neuen internationalen Produktionen gut vorbereitet.
Die Filmindustrie als wichtiger Wirtschaftsfaktor
Drehort Kapstadt und die Corona-Krise
Der deutsche Regisseur Marc Köbler setzt sich seit Jahren mit der Filmindustrie im Land auseinander. Er erklärt, dass der nationale Fernseh- und Filmsektor durch die strikten Bestimmungen des Lockdowns zum Erliegen gekommen sei. Nur die Nachrichtenberichterstattung bilde derzeit die Ausnahme. Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt SABC habe Live-Produktionen mit Studiopublikum verschoben und auch die Produktionen zahlreichen lokaler Daily Soaps und Talkshows seien vorerst eingestellt worden. Köbler habe von freiberuflichen Medienschaffenden vor zwei Wochen gehört, dass Aufträge bis Oktober 2020 zum größten Teil abgesagt wurden. Dennoch sind sich Köbler und andere Filmschaffende sicher, dass sich Kapstadt als Filmstandort wieder erholen wird: “Die lokale Filmindustrie denkt bereits jetzt über smarte Ideen nach, um auf die globale Krise reagieren zu können. Cape Town verfügt über eine Auswahl an professionellen Regisseuren, Produzenten und Kameraleuten, die in den letzten 10 Jahren viele große Marken betreut haben. Live-Streaming Technik ermöglichen es Agenturen und Kunden in den Heimatländern, von zu Hause aus bei Dreharbeiten dabei zu sein. Das erfordert allerdings umdenken und auch vertrauen."
Der kapstädter Produzent Warren Ferreira von TinToy-Productions meint, dass auch nach der Krise die schönen Schauplätze weiter fortbestehen und attraktiv für Filmschaffende seien. Auch Martin Jacobsen von Juice Film ist überzeugt davon, dass Kapstadt der Welt nach der Krise sein großartiges und kostengünstiges Filmzentrum wieder zur Verfügung stellen wird und sich seinen Anteil an der Filmindustrie mit Elan zurückerobern wird.
Die Filmindustrie als wichtiger Wirtschaftsfaktor
Die Filmindustrie ist ein wichtiger und immer stärker wachsender Wirtschaftszweig des Landes. Marc Köbler betont, dass durch die Filmindustrie im Jahr 2017, 5,4 Billionen Rand hereinkamen. Davon wurden direkt 12,2 Billionen Rand erwirtschaftet und 21.000 Arbeitsplätze sichergestellt. Er sagt weiter, dass die südafrikanische Regierung in den letzten Tagen aufgrund der Corona-Krise Konjunkturprogramme für kleine und mittlere Unternehmen in Höhe von mindestens einer Milliarden Rand angekündigt habe, aber noch keine spezifischen Pläne.
Aus Kapstadt könne man quasi jeden Ort der Welt machen.
Großer Erfolg durch die modernen Studios
Im Dezember 2010 sind die Cape Town Filmstudios im Hollywood-Stil eröffnet worden. Sie umfassen eine Fläche von rund 200 Hektar und liegen 35 Kilometer östliche von Kapstadt entfernt. Produziert wurden schon die Serien „Black Sails“ und „The Dark Tower“ und Filme wie „Long Walk to Freedom“ mit Idris Elba oder „Safe House“ mit Denzel Washington und Ryan Reynolds. Der Geschäftsführer
Nico Dekker sagt, dass seine Studios, preislich die erschwinglichsten und qualitativ eine der besten seien. Er möchte in Zukunft Produktionen anlocken, die große Studiobauten verlangen, wie die bereits gedrehten. Seit der Eröffnung seien über 70.000 Menschen in den verschiedenen Produktionsteams beschäftigt gewesen. Die Studios seien damit auch ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Durch den günstigen Wechselkurs sei es für Produktionen bis zu 40 % billiger in Südafrika einen Film zu produzieren als in Europa oder den USA und zu 20 % billiger als in Australien.
Kreativ sein und sich alles vorstellen
In Kapstadt und der Westkap-Provinz gibt es viele tolle Orte, in denen man drehen kann. Ob Wald, urbane Stadt, Dorf, Farm, Berg oder Meer, die Region hat vielfältige Locations und “sicheres” Wetter. „Kapstadt ist einzigartig, weil man innerhalb eines 1,5-Stunden Radius eine riesige Anzahl an verschiedenen Drehorten erreicht“, sagt Martin Jacobsen.
Beliebte und oft genutzte Drehorte sind:
die mittlerweile berühmte und nicht fertig gestellte Foreshore Freeway Bridge für Action-Szenen
das farbenfrohe Bo-Kaap
die steile Küstenstraße - der Chapman's Peak Drive für Autowerbung.
Aus Kapstadt, sagt Marc Köbler, könne man quasi jeden Ort der Welt machen. So diente die Stadt mal als „Double“ für Kriegsschauplätze in Sierra Leona, mimte den Urwald am Amazonas nach oder die Strände in Florida. Aber auch urbane Szenen sind z.B. in der Loop Street oder am Thibeault Square am unteren Ende der Long Street beliebt.
Werbe-treibende setzten sogar mal eine Schweizer Hütte in die Kapstädter Weinberge, um Milka-Werbung zu drehen. Kapstadt gleicht von November bis März einem kleinen Hollywood. Täglich sieht man gelbe Schilder mit der Aufschrift „Filming in Progress“ auf den Straßen herumstehen. Warren Ferreira erklärt, dass es in Kapstadt grundsätzlich kein Problem mit Drehgenehmigungen gebe, man müsse den Verantwortlichen nur genügend Vorlauf geben. Straßensperrungen, so der Filmemacher, seien am Wochenende einfacher zu realisieren als werktags, weil sie Straßen weniger frequentiert seien.
Beliebt auch für deutsche Film- und Fernsehproduktionen
Der deutsche Privatsender RTL hat Kapstadt für seine Produktionen entdeckt. Einige Staffeln von „Der Bachelor“, Teile der letzten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar (DSDS)“, sowie die neue Kuppel-Show „You Are the One?“ wurden in Kapstadt produziert. Die Schauspielerin Alexandra Neldel stand für die Sat.1-Abenteuerkomödie „Rote Sonne Afrika“ (2010) und für den ARD-Spielfilm „Einfach Rosa - Wolken über Kapstadt“ (2015) in der Hafenstadt vor der Kamera. Aber auch andere Sender wie das ZDF legen gerne mal mit dem „Traumschiff“ im Hafen an. Die deutsche Komödie „Der geilste Tag“ aus dem Jahr 2016 mit Matthias Schweighöfer und Florian David Fitz wurde ebenfalls hier gedreht.
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