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Mama Africa, die unvergessliche Heldin Südafrikas

Aktualisiert: 2. Juni 2021

Mit ihrem Gesang und einer immensen Bühnenpräsenz, hat Miriam Makeba die Herzen der Menschen in wenigen Augenblicken erobert und die Massen mit ihrer Musik zum Tanzen gebracht. Wir haben mit dem finnischen Regisseur Mika

Kaurismäki über seine Doku als Würdigung ihres Lebenswerks gesprochen.


Die Menschen in Südafrika nennen sie bloß „Mama Africa“, die „Königin der Musik Südafrikas.“ Miriam Makeba war die erste schwarze afrikanische Frau, die zum internationalen Star avancierte. Doch obwohl die 1932 in Johannesburg geborene Makeba bis heute für moderne Musik und traditionellen afrikanische Rhythmen steht, verbarg sich hinter dem Musiktalent, auch eine Frau, die sich politisch

engagierte, vor den Vereinten Nationen eine glühende Rede gegen Apartheid hielt und sich Zeit ihres Lebens gegen Rassismus einsetzte.


"Sie war die erste afrikanische Künstlerin, die je vor den Vereinten Nationen sprach – und einen Boykott Südafrikas forderte! In den sechziger Jahren brauchte man dafür ganz schön viel Courage.“ Angélique Kidjo

Makeba bei den Vereinten Nationen. UN_Foto: Teddy Chen
Makeba bei den Vereinten Nationen. UN_Foto: Teddy Chen

Aufgrund ihrer kritischen Haltung gegenüber der damaligen Regierung wurde die Pata Pata-Sängerin aus ihrem eigenen Land verbannt und durfte es 35 Jahre lang nicht betreten. Makeba sagte mal, sie singe nicht über Politik, sondern nur über die Wahrheit. Ihre Texte erzählten authentische Geschichten. Besonders schwer fiel ihr das Einreiseverbot, als ihre Mutter starb und sie nicht zur Beerdigung durf-te. Dennoch hörte Makeba nie auf, ihr Heimatland zu lieben. Mehr als alles andere wünschte sie sich, eines Tages aus dem fernen New York zurückzukehren, in ein freies Land, in dem sie ohne Regulierung auftreten durfte und ihre Landsleute sie feiern durften. Erst mit Abschaffung der Apartheid gelang ihr das schließlich.

„Sie plädierte für Menschlichkeit. Sie wollte nicht spalten, sondern vereinen. Sie war bekannt als glühende Kämpferin für Einheit und kulturelle Vielfalt“, erzählt ihre Enkelin Zenzi Monique Lee in der Dokumentation.


Der finnische Regisseur und Filmemacher Mika Kaurismäki hat im Jahr 2011 eine

beeindruckende eineinhalbstündige Dokumentation mit dem Titel „Mama Africa“ herausgebracht. Er hat seit 1980 schon circa 30 Spielfilme produziert und dreht hin und wieder Dokumentationen. Seine Leidenschaft fürs Filmmachen hat in der Highschool begonnen. Dann studierte der heute 65-Jährige an der Hochschule für Film und Fernsehen in München und wurde Regisseur. Für den Film über Miriam Makeba hat der Finne, Familienangehörige und musikalische Wegbegleiter zu Wort kommen lassen, die berichten, was für ein Mensch sie abseits der Bühne war und welche Spuren sie in ihrem Leben, aber auch für Südafrika hinterlassen hat.

Regisseur Mika Kaurismäki beim drehen. Fotos: Nina Spilger


Wie bist Du dazu bekommen, einen Film über Miriam Makeba zudrehen?

Die Idee, den Film zu machen, kam ursprünglich vom deutschen Produzenten Rainer Kölmel, dem stellvertretenden Programmdirektor und Leiter der

Themenabende für ARTE, Hans Robert Eisenhauer und dem südafrikanischen Dokumentarfilmer Don Edkins. Sie gaben mir den Auftrag, für die Dokumentation über Miriam Makeba Regie zu führen und das Drehbuch dafür zu schreiben. Da ich schon seit Jahrzehnten ein großer Fan der Sängerin bin, habe ich mich natürlich sehr über den Auftrag gefreut und nicht lange gezögert, „Ja“ zu sagen.


Filmposter Mama Africa. Quelle: Starhaus Filmproduktion
Filmposter Mama Africa. Quelle: Starhaus Filmproduktion

Wie gut kanntest Du die Sängerin vorher?

Miriam Makeba war sicherlich die erste Stimme Afrikas, an die ich mich erinnere, als ich in den Sechzigerjahren in Finnland aufgewachsen bin. Ich bin Jahrgang 1955.

Ihre Musik lief im Radio, besonders in Erinnerung geblieben ist mir natürlich „Pata Pata“, aber ich erinnere mich auch an den Song „Forbidden Games und einige andere.


In Erinnerung geblieben ist mir natürlich „Pata Pata“.

Ende der Sechzigerjahre kam sie sogar einmal nach Finnland und ich erinnere mich, dass ich ihr Konzert im Fernsehen gesehen habe. Das hat mich damals sehr

beeindruckt. Und ihre politischen, aber auch unpolitischen Aussagen, die sie zwischen den Liedern machte, blieben mir im Gedächtnis haften. Ich wurde sofort ein Fan von ihr und verfolgte seitdem ihre weitere Karriere. Tatsächlich wurde sie für mich sofort zur Mama Africa, denn durch ihre Lieder und Aussagen lerne ich viel über Afrika und die Apartheid.

Ich bewundere sie dafür, wie sie es schaffte, Musik und eine wichtige Botschaft in ihrer Kunst zu verbinden.

Woher stammen all die Originalaufnahmen und Fotos von ihr?

Wir haben das Material von überall her gesucht. Einige der Originalfotos kamen von der Familie und den Freunden von Miriam Makeba. Der US-Sänger Paul Simon gab uns das Filmmaterial für das Konzert in der Eröffnungsszene und der finnische Rundfunk YLE gab uns das Material von ihrem Besuch und Konzert in Finnland.

Wir verschicken Tausende von Emails an verschiedene Leute und Fernsehanstalten auf der ganzen Welt. Manchmal war es schwierig, die Rechte zu klären.

Einige wollten mit dem Material Geld rauschlagen, aber einige, wie Paul Simon gaben mir das Material umsonst, weil sie die Sängerin so großartig und einzigartig fanden.

Wie lange hast Du für den Film gebraucht und gab es Hindernisse?

Ich habe ziemlich lange gebraucht. Wir haben im August 2008 angefangen und haben ihn Anfang 2011 fertiggestellt. Der Prozess war sehr kompliziert. Wir hatten viele Hindernisse und Wendungen während der langen Entwicklungsphase.

Das größte Hindernis passierte bereits vor Beginn der Dreharbeiten. Die Sängerin verstarb nur ein paar Wochen, bevor wir mit den Dreharbeiten in Johannesburg beginnen wollten.

Wir haben im August 2008 angefangen und haben ihn Anfang 2011 fertiggestellt. Foto: Nina Spilger
Wir haben im August 2008 angefangen und haben ihn Anfang 2011 fertiggestellt. Foto: Nina Spilger

Info: Miriam Makeba erlitt kurz nach einem Konzert in Italien am 9. November 2008 einen Herzinfarkt und ist am nächsten Morgen im Krankenhaus verstorben.


Das war natürlich ein Schock und zuerst dachte ich, dass das ganze Projekt abgebrochen werden würde, aber dann haben wir allen Co-Produzenten und Miriam Makebas Familie beschlossen, weiterzumachen, da wir dachten, dass der Film jetzt vielleicht noch wichtiger sei als vorher.

Natürlich änderte sich dadurch das Konzept des Films sehr, als sie nicht mehr da war. Ich musste viel mehr Archivmaterial verwenden, als ich ursprünglich geplant hatte. Es war ein Alptraum, dass ganze Material zu suchen und die Rechte zu klären.

Die Dreharbeiten selbst waren nicht so lang, aber wir drehten in verschiedenen Ländern: in Südafrika, Guinea, Deutschland und den USA, was die Produktion komplizierter machte.

Vor allem die Vorbereitungen und später nach den Dreharbeiten die Postproduktion nahmen viel Zeit in Anspruch. Ich glaube, wir hatten 25 verschiedene Versionen des Films gemacht, bevor er fertig war.

Als ich bei der ersten Vorführung auf der Berlinale gesehen habe, wie sehr das Publikum von dem Film berührt war und viele Zuschauer sogar Tränen in den Augen hatten, war es die beste Reaktion für mich, die man als Filmemacher bekommen kann.


Der Film reiste um die Welt und wurde in vielen Ländern vertrieben. In den USA war er jahrelang im Kino. Ich habe das Gefühl, dass ich die Essenz ihrer Lebensgeschichte einfangen konnte. Es ist ein Film, den ich mir mit gutem Gewissen noch einmal ansehen kann und ich habe das Gefühl, dass Miriam Makeba ihn gutheißen würde. Aber ich bin sehr traurig, dass der Film nie in Südafrika, ihrem Heimatland, veröffentlicht wurde.

Hast Du alle Personen im Film selbst interviewt?

Ja, fast alle, bis auf Hugh Masekela, dem Ex-Ehemann von ihr und ebenfalls Sänger. Das Interview habe ich aus der Ferne mit Skype mit Hilfe von Don Edkins gemacht. Müsste er sich jetzt entscheiden, welches Interview am besten war, könnte ich das gar nicht, denn alle waren auf ihre Art und Weise großartig.

Was hat Dich während der Arbeit für den Film am meisten beeindruckt?

Ich war sehr beeindruckt und bewegt von der Zuneigung, die alle Beteiligten für Miriam Makeba empfanden. Alle sprachen in den höchsten Tönen von ihr und darüber, was für ein toller und herzlicher Mensch sie war. Und natürlich, was für einen Einfluss sie durch ihre Kunst und ihre Aussagen hatte.


Sie war wirklich „Mama Africa“, denn sie kämpfte nicht nur für die Freiheit Südafrikas, sondern ihre Musik verbreite immer eine Botschaft für eine gute Sache. Und zwar für die Vereinigung der Menschen in Afrika und der Welt.

Mandela und Makeba 1990 in Stockholm Foto; IPA Press
Mandela und Makeba 1990 in Stockholm Foto: IPA Press

Miriam Makeba war eine Ikone der afrikanischen Musik und ein Idol für viele afrikanische Sängerinnen und Sänger. Sie hat die afrikanische Musik beeinflusst und hatte viele Fans auf dem ganzen afrikanischen Kontinent und der ganzen Welt.

Was für eine Frau war Miriam Makeba?

Sie war ein so erstaunlicher Mensch, der sein Talent für eine gute Sache einsetzen konnte, aber gleichzeitig war sie auch eine großartige Entertainerin und

Performerin. Aber ihr Leben war eigentlich sehr tragisch. Sie hatte viel Erfolg, aber sie erlitt auch viele Tragödien, sowohl in ihrem privaten wie beruflichen Leben. Über 30 Jahre lang im Exil leben zu müssen, war ein unglaubliches Opfer und sie hat sehr darunter gelitten. Aber auf der anderen Seite war sie eine Heilerin. Sie heilte durch ihre Musik und Kunst, was sie als Person sehr stark machte.

Miriam Makeba performs in the film 'Come Back, Africa' by Lionel Rogosin in 1960
Miriam Makeba performs in the film 'Come Back, Africa' by Lionel Rogosin in 1960

Wenn sie auf der Bühne stand, vergaß sie all den Schmerz und das Leid, dass sie durchgemacht hatte. Sie hatte sicherlich Momente in ihrem Leben, in denen sie völlig am Boden war, aber sie war immer wieder in der Lage, aufzustehen und ihre Leiden zu überwinden.


Andere Meinungen aus dem Film über Miriam Makeba:

"Miriam hat nie Musik studiert - sie war einfach ein Naturtalent.“ , sagt Sipho Mabuse, Produzent und Musiker.


„Die schnellste Methode, eine Botschaft zu schicken, ist ein Lied. Und Miriam sprach und sang über das, was in diesem Teil der Welt passierte - mit dieser einfachen Methode. Jedenfalls dachten die Leute, sie sei einfach, aber eigentlich war es ein sehr mächtiges Mittel. Denn als die Menschen Miriams Lieder hörten, fingen sie an, sich dafür zu interessieren, was in Südafrika tatsächlich vor sich ging“, erzählt die Musikerin Dorothy Masuku.

Hast Du sie jemals getroffen?

Nein, leider nicht, aber ich habe ein paar Wochen vor ihrem Tod mit ihr telefoniert. Wir sprachen über das Projekt und ich sagte ihr, dass ich plane, bald nach Johannesburg zu fliegen, um mich mit ihr zu treffen. Dazu ist es aber nie gekommen.

Beim Gespräch fühlte ich, dass sie glücklich war, dass wir einen Film über ihr Leben machen wollen.


Miriam Makeba wusste etwas über meine Arbeit und hatte einige meiner

Dokumentarfilme über brasilianische Musik gesehen. Das reichte ihr, um mich als Person zu akzeptieren, die einen Film über sie machen wird.

Welche Rolle hat sie während der Apartheid gespielt?

Ihre Rolle war sehr speziell, denn sie war ja im Exil und konnte sich nicht am Kampf gegen die Apartheid in ihrem eigenen Land beteiligen. Aber auch, wenn sie im Exil war und ihre Musik in Südafrika verboten war, verbreitete sie ihre Musik heimlich unter ihrem Volk. Und sie öffnete vielen Menschen außerhalb Südafrikas die Augen, um die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten des Apartheid-Regimes zu sehen.


Meiner Meinung nach, wurde Miriam Makeba mit ihrer Musik zu einer der wichtigsten Kämpferinnen der Bewegung. Sie kämpfte im Exil, so wie Nelson Mandela aus seinem Gefängnis in Südafrika kämpfte.

Wie sehen sie die Menschen in Südafrika?

Ich denke, sie wird im Allgemeinen respektiert, aber ich glaube nicht, dass viele Menschen erkennen, wie wichtig sie wirklich im Kampf gegen die Apartheid war. Ihr Vermächtnis und ihre Leistungen sollten mehr gewürdigt werden, sie genießt nicht das Prestige, dass ihr zusteht.

Übrigens: In der Doku sagt Miriam Makaba in einem Interview über das Lied „Pata Pata“, dass sie weltweit so bekannt machte, dass sie es eigentlich nicht mag, denn es sei ein Lied ohne tieferen Sinn und handeln von einem Tanz, der eben so heiße.


Heißer Tipp: Du willst mehr über die bewegende Geschichte Südafrikas erfahren? Wir verraten Dir, 10x Filme und Dokumentationen sich wirklich lohnen.





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